Weihnachten am Meer

Wir verabschieden uns von der Sahara mit Craig und Aimee („wearekingingit“) und Chloé und James („takeadriveonthewildside“) und verabreden uns mit ihnen für Weihnachten. Sie wollen an der Küste feiern, und da wir absolut nichts geplant haben, nehmen wir gerne an. Dorthin soll uns unser Weg sowieso führen, weil ehrlich gesagt ist es uns gerade kalt genug. Wir haben Bock auf Wärme und Sonne. 

Doch „slowtravel“ ist unser Ding, und so lassen wir uns Zeit. Wir verbringen die Nächte in Richtung Küste in der Todraschlucht, die sie vor uns aufreisst und ein Kletterparadies sein soll (wenn dann wieder einmal Tourist:innen kommen können). Wir fahren durch die Dattelschlucht (die absolut keine Dattelpalmen hat – false advertising much?) und sehen Gebirge, die „Monkey fingers“ genannt werden. Dazwischen campen wir an Ufern von Stauseen. Diese sind meistens trocken, da es schon viel zu lange nicht mehr geregnet hat. Dafür ist der Untergrund stabil und Büsche und Bäume geben uns Schutz von den nahen Strassen. Nicht jedoch vom Wind. Der prescht unbarmherzig durchs Land. Einmal laufen wir sogar durch einen komplett trockenen Stausee durch… Es wirkt alles sehr verlassen, und lediglich der Plastikmüll, den wir leider überall im Land immer wieder sehen, zeigt an, dass hier öfters auch gefeiert wird.

Bürokratischer Zwischenstop

Die einzige Stadt, für die wir uns Zeit nehmen ist Ourzazate. Nicht weil sie sonderlich schön wäre. Oder interessant. Oder irgendwas zu bieten hätte, von dem wir gehört haben. Nein. Viel spannender: Bei der Überfahrt von Frankreich nach Marokko haben wir ein Visa bekommen und auch unser Auto. Aber das von unserem Büssli läuft mit Ende Jahr ab. Also heisst es Verlängern. Gut, dass am Tag zuvor eine Meldung von der Regierung kam, die besagte, dass genau das für Fahrzeuge bis Mitte Juli 2022 einfach machbar ist. Corona und so… 

Es herrscht das erwartete Bürokratiechaos: Maske ist Pflicht, aber eigentlich halt wieder nicht. Wir warten, vor uns ein alter Herr, viel Diskussion, wir werden in ein Büro geschickt, es wirkt als würde der Bürokrat vor uns das erste Mal einen PC bedienen. Die Maus funktioniert nicht, er findet kein Papier, von einem Stift ganz zu schweigen. Wir kriegen alles was wir brauchen, das Visa, einen Brief für den Zoll für die Drohne, ein Lächeln, drei andere Menschen, die ins Büro spazieren, er, der dieses immer wieder verlässt. Mit allen Papieren bestückt laufen wir zurück, und gönnen uns zur Feier des Tages einen Besuch in einem öffentlichen Hammam (1 CHF, getrennte Eingänge für Männer und Frauen). Danach besuchen wir Aït Ben Haddou – Schauplatz für Game of Thrones, Gladiator und weitere Filme, die ich nicht kenne. Wir sind wieder alleine. Alleine in einem Dorf, das sonst bis zu 1000 Besucher:innen am Tag zählt. Fast alles ist geschlossen und nach einem Spaziergang fahren wir wieder weiter.

Meeresrauschen, Strassenhunde und Sternenhimmel

Nach nun fast einer Woche des gemächlichen roadtrippens, mit vielen Stops für Suks, Patisserien und Gemüsestände, fahren wir durch Agadir, wechseln den Benzinfilter und verbringen die erste Nacht direkt an der Küste. Hinter uns eine kleine Fischersiedlung aus knallbunt angemalten Häusern. Vor uns der Atlantik. Sonnenuntergang inklusive… plus Meeresrauschen, Strassenhund und Sternenhimmel. Am nächsten Tag gibt es eine improvisierte Rasur für Luca und weiter geht’s nach Imsouane – ein Surf Hot Spot – für Heiligabend.

Unser Auto macht Probleme

Um das kleine Dorf zu erreichen müssen wir eine enge, nur halb asphaltiere Strasse entlang, die abwärts führt. An sich weder die steilste, noch die gefährlichste Strasse, die wir bis jetzt hinter uns haben. Aber sie zieht sich ziemlich lange. Gerade, als wir denken, wir haben es geschafft, und froh sind, dass unsere Bremsen alles anstandslos mitgemacht haben, kommen wir bei den ersten Häusern an. Und mit uns ein grausames Klopfen im Motorraum. Selbst beim Rollen lassen im Leergang bleibt das Klopfen bestehen. Es schmerzt uns zwar, aber genauso bewegen wir uns bis zum Parkplatz fort. Weihnachten soll ja voller Überraschungen sein, oder? 

Jedenfalls stehen auch hier neben ein paar Menschen aus der UK gleich Marokkaner zu Hilfe und ein Mechaniker wird organisiert. Das ist zwar nett, aber als uns dieser rät das Getriebeöl zu wechseln und dafür einfach Olivenöl zu nehmen, beginnen wir etwas an seinen Kompetenzen zu zweifeln. Wir basteln zwar recht gerne und improvisieren hin und wieder mal (wie derzeit mit der Dusche), aber Lebensmittel in die Innereien des Büssli zu schütten geht uns dann doch zu weit. Glücklicherweise spaziert gerade in dem Moment ein tattoowierter, braungebrannter Hippie-Surffranzose vorbei und mischt sich in das Gespräch ein. Es stellt sich heraus, dass er auch einen Bus fährt. Zwar Renault, aber fast gleicher Jahrgang und viel wichtiger: gleiches Getriebe. Wir bekommen ein paar Tipps von ihm und am nächsten Tag dann auch einen Werkstattkontakt. 

Weihnachten, Meer und Regen

Die anderen Vanlifer:innen machen es sich in den grossen, umgebauten Bus von Craig und Aimee bequem und starten einen Kinoabend. Wir kochen und schneiden unsere erste Episode zu Ende. Es dauert alles so viel länger als gedacht. Auch einfach, weil wir zu viel wollen. Zumindest fühlt es sich so an. Neben den Untertiteln für unsere Dialektteile kommen die Untertitel in Deutsch und Englisch für YouTube, das timing dieser, das hochladen und checken, ob es nicht gegen die Richtlinien von YouTube verstösst, oder geschützte Musik enthält, was es dann doch tut, also nochmals verändern und neue Musik suchen und neu hochladen, und das alles an Weihnachten und während drei verschiedenen Videocalls mit unseren Familien und Freund:innen. Es ist alles anders wie erwartet, aber trotzdem schön. Und unser erster kleiner Film steht auf einmal online.

Am 25. Dezember ist das eigentliche Weihnachtsfest – zumindest für die Engländer:innen. Und wir machen mit. Es regnet. Niemand hat damit gerechnet, aber irgendwie stellen wir uns genau so Weihnachten in England vor. Das Essen ist überraschenderweise sehr, sehr klar. Wir bringen einen Linsensalat und der Rest ist aufgeteilt. Es scheint normal zu sein, dass es genau ein Menü gibt. Im ganzen Land. Kartoffeln, Truthahn (oder in unserem Fall Seitan) Brokkoli, Füllung, Nutloaf, soooo viel Gravy und überbackenen Blumenkohl. Unser Linsensalat wirkt komplett fehl am Platz. Wir essen, trinken, lachen, machen Musik und geniessen den Abend. Die Leute sind lustig, das Wetter ist scheisse, aber es macht nichts. James und Chloé haben eine Markise und wir passen alle darunter. Was will man mehr?

Das Leben auf dem Parkplatz

Wir bleiben 4 Tage auf dem Parkplatz mit den anderen. Die Tage sind ruhig und das Wetter wird besser. Wir treffen selbst Cami wieder, die belgische Backpackerin von unserem ersten Workaway. Am dritten Tag versuchen wir uns sogar am Surfen. Die Bedingungen sind nicht so perfekt, wie sie anscheinend sonst immer sein sollten. Luca schafft es dennoch aufzustehen und eine kleine Welle zu reiten. Das Wasser ist noch kalt, aber die Neoprenanzüge machen es sehr erträglich. Am Abend versuchen wir uns das erste Mal an einer Tajine. Wir haben das Geschirr dazu auf einem der Suks auf dem Weg hierher gekauft. Marco, ein Marokkaner, der unter Tags auf den Parkplatz und die Autos aufpasst, hilft uns dabei. Alex hat sogar einen der kleinen Tonteile gekauft, auf welchen man die Tajine über Kohle kochen kann. Für unseren Versuch wird es sogar richtig gut, nur die unterste Schicht ist verbrannt. 

Es zieht uns jedoch weiter, vor allem in die Luft. Wir wollen unser Auto reparieren und endlich fliegen, also verabschieden wir uns und nehmen die Strasse Richtung Süden…

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