Der Norden

Wir fahren in den Norden. Luca will sich eine Djeleba in Chefchaouen – der blauen Perle Marokkos – kaufen. Bis nach Marrakesh nehmen wir noch Mihai mit, einen Piloten aus Rumänien, den wir beim Fliegen kennenlernen konnten. Nach einem kurzen Abstecher über Rabat, wo wir uns dann auch noch die Boosterimpfung holen (lief alles überraschend einfach und unkompliziert) – sonst wird das weiterreisen ja immer schwieriger – kommen wir dann in der blauen Perle an. Diese erkunden wir zwar ein paar Tage, aber das Wetter ist schlecht, es nieselt dauernd und wir sind emotional ein bisschen angeschlagen. Als die Sonne dann endlich wieder da ist machen wir einen Ausflug mit zwei Franzosen – einer 57 und mit seinem Hund und Auto seit Jahren hier unterwegs, der andere 22 und macht in den Containern hinter uns ein Praktikum zu erneuerbaren Energien. So unerwartet und lustig zusammengewürfelt verbringen wir gemeinsam den letzten Tag vor dem Ramadan.

Der Untergang am Mittelmeer

Danach wollen Luca und ich wieder ans Meer und durch das Rif-Gebirge fahren – zur Mittelmeerküste. Wir dachten noch, wir sind klug und fliehen vor dem prognostizierten Regen. Erst am Abend, als wir schon auf einem Feld neben dem Strand und unter einer riesigen Palme stehen, wird uns bewusst, dass wir mitten in den kommenden Sturm gefahren sind. Gut, wir werden ihn wohl hier ausharren und fahren halt erst weg, wenn die Piste wieder trocken ist. Es sieht jetzt nicht so tragisch aus. Doch weit gefehlt. Am nächsten Tag regnet es sehr stark und ohne Unterbruch. Das alleine ist uns eigentlich egal. Wir glauben, dass wir noch davon fahren könnten, sollte es weiter zunehmen. Denkste.

Auf einmal bricht der Fluss in der Nähe aus. Und das Wasser vom Meer drückt herein. Obwohl wir auf einer relativ flachen Stelle stehen verwandelt sich unsere Umgebung innerhalb von Minuten in einen See. Und wir mittendrin. Wegfahren ist nur noch ein weit, weit, weit entfernter Traum. Als das Wasser bis zu unserer Seitentüre hochkommt packen wir unsere Sachen und verlassen den Bus. Wir wissen, dass es morgen wieder aufhört zu regnen und hoffen einfach, dass der Bus dann noch da sein wird. Ihn so zurückzulassen tut weh. Schliesslich ist es unser Zuhause…

Wir quatschen irgendwen bei einem kleinen Laden an und fragen nach einem Zimmer. Er vermietet eines, sogar eine ganze Wohnung. Mit ein bisschen handeln bezahlen wir 200 Dirham (20 Euro) für die Nacht inklusive Essen. Wir sagen zwar 3x, dass wir vegetarisch leben, die Suppe hat dennoch Fleisch und die Tajine ist mit Fischen. Na ja, gelungenes Abendesen für den Tag. Oh, habe ich erwähnt, dass es unser Jahrestag ist?

Die Rettungsaktion

Wir wollen eigentlich nur noch schlafen… aber um halb 10 klopft es an unserer Tür. Vier Männer reden durcheinander, es geht um den Bus. Luca zieht eine Jeans über das Pijama und ist sofort wieder mit ihnen unterwegs. Etwa eine Stunde später ruft er mich an – der Bus ist gerettet, aber er findet den Weg zur Wohnung nicht mehr. Ich will auf die Strasse raus, um an der Kreuzung auf ihn zu warten. Doch das lässt die Vermieterfamilie nicht zu. Stattdessen steht da auf einmal die ganze Familie und sagt ich soll schlafen gehen. Sie rufen dann doch irgendwen an, der Luca hilft wieder heim zu finden. Ich darf es nicht. Ich bin wütend und erschöpft. Luca erzählt mir – ebenfalls sehr erschöpft – was passiert ist. Er kam mit diesen Männern zum Strand, wo ein grosses Feuerwehrauto die Szene mit dem roten Sirenenlicht unglaublich dramatisch erscheinen lässt. Aus der Dunkelheit sah er unseren Bus, wie er an einem Bagger angemacht durch den Schlamm gezogen wurde.

Für die letzten 300 Meter soll Luca mitfahren, damit sie schneller vorankamen. Der Motor sprang an und die Schlammfahrt ging weiter. Der Bagger überfuhr rückwärts im Dunkeln noch eine Palme und versetzte unserem Büssli ein paar kleine Kratzer und Beulen, doch was zählt ist, dass unser Zuhause irgendwie wieder Asphalt unter die Räder bekommt… Gefühlt steht das ganze Dorf dabei rundum und filmt und hilft und schafft es tatsächlich… Am nächsten Tag merken wir allerdings, dass dadurch Schlamm im Motoröl ist, lassen dieses wechseln und fahren so weiter, dass wir in Ruhe die nächsten Tage in der Sonne stehen können… Das müssen wir erstmal verarbeiten…

Das lange Warten findet ein Ende

Am 7. April findet dieses langersehnte Treffen zwischen Spanien und Marokko dann tatsächlich statt. Wirklich glauben kann es niemand. Die Grenzen öffnen sich also jetzt schrittweise. Wir telefonieren ein bisschen und bekommen ein Ticket für den 20 April. Einmal noch versuchen wir in Moulay Bousselham zu fliegen. Es klappt aber leider nicht. Danach fahren wir nach Asilah auf einen Campingplatz. Hier warten wir nur noch, bis die Fähre fahrt. Wir haben mega nette Nachbarn. Es ist das erste Mal, dass wir mitbekommen, wie sich ein Campingplatz füllt. Täglich trudeln immer mehr Expeditions-Lastwagen, Campervans, Jeeps…. Alles was man sich vorstellen kann eigentlich… ein. Alle, die hier feststeckten brechen langsam wieder auf nach Europa. Durch ein bisschen Glück, können wir das Ticket sogar nochmal verschieben und unser Marokkoabenteuer endet nun am 16. April.

An dem Tag läuft alles unglaublich smooth. Es wird uns nicht zum Verhängnis, dass wir das Visa überzogen haben. Sogar die konfiszierte Drohne bekommen wir von der Zollbehörde nach lediglich 10 Minuten warten zurück. Auf einmal stehen wir vor der Fähre, warten mit allen auf das Öffnen ihrer Tore und fallen nachts todmüde in die Betten der Kabine. Das nächste Mal Land sehen, das nächste Mal Land betreten wird nicht mehr Afrika sein. Das nächste Mal wird wieder Europa und unsere Reise Richtung Asien kann beginnen 🙂

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