Eine Woche Fahren, Fliegen, Frankreich!

Mit der Überquerung der Grenze am Sonntag, 14. November in Genf sind wir also das erste Mal gemeinsam weg aus der Schweiz und unsere Reise führt uns nun durch Frankreich. Für einen Flug in Annecy reicht es nicht aus, weil das Wetter nicht mit macht. Auf dem Weg Richtung Süden über die Landstrassen und über gefühlt hundert Kreisverkehre treffen wir die ersten Autostopper, die wir auch gleich mitnehmen. Es ist so einfach, neue Menschen kennenzulernen und schön zu sehen, dass das mit dem Auto auch funktioniert. Sie kreuzen unseren Weg jeweils ein paar Minuten und nach ein bisschen Smalltalk verschwinden sie auch schon wieder aus unserem Leben – Teil davon waren sie jedoch trotzdem… Nach vielen Stunden finden wir ein gemütliches Plätzchen südlich von Grenoble an einem Fluss und verbringen die Nacht dort.  

Erster Flug: Digne-les-Bains

Danach geht es Richtung Digne-les-Bains. Dort herrscht herrliches Flugwetter – wir hatten Kontakt zu einer lokalen Flugschule und konnten mit einem Piloten dort abmachen, dass wir uns zu einem gemeinsamen Flug treffen wollen. Leider klappt das schon wieder nicht – dieses Mal jedoch liegt es daran, dass das Militär die Luft besetzt. Irgendein Sicherheitsflug, oder so ähnlich… das geschieht zwar nur an einem einzigen Tag im Jahr, es war aber eben genau dieser. Pech gehabt… mit dem Bus standen wir so ziemlich in der Mitte von einem Golfplatz und haben das Wetter für alltägliches genutzt: Von Musik machen, über joggen (Luca) und Yoga, zu Kleidung von Hand waschen, jonglieren, kochen und spazieren…

Warten, bis die Wäsche trocknet

Dann endlich, am Tag darauf kam es zu unserem ersten Flug. Das Wetter war nicht mehr top, das heisst auch, dass alle anderen Pilot:innen nicht unterwegs waren, und wir keinen Shuttle zum Startplatz hatten. Luca war aber guter Dinge und konnte Bianca sogar zu einem hike&fly überreden, und das, obwohl sie überhaupt kein Fan von irgendwelchen Wanderungen ist – geschweige denn mit einem riesigen Rucksack auf dem Rücken. Dennoch sind wir losmarschiert. Nach etwas über einer Stunde kamen wir leicht verschwitzt und ziemlich fertig am Startplatz an.

Der Flug war unser erster, gemeinsamer, ausserhalb der Schweiz. Und unglaublich schön… also so ca. 2-3 Minuten lang. Dann entdeckten wir nämlich die Menschen auf dem Landeplatz. An sich jetzt nicht sehr tragisch… Der Landeplatz in diesem Fall war aber das örtliche Stadion. Ausweichmöglichkeiten gab es keine. Na gut, wenigstens ist kein Fussballmatch im Gange, da stehen nur ein paar in einer Reihe. Ein paar Meter näher erkennen wir allerdings warum: sie üben Speerweitwurf. Gibt’s eigentlich irgendwas Schlimmeres, das man sich in dem Moment vorstellen könnte? Luca versuchte noch mit «Attention»-Rufen auf sich aufmerksam zu machen, bevor wir im hintersten Bereich des Platzes landen. Und wie werden wir wohl von allen aufgenommen? Gar nicht. Interessiert niemanden. Es scheint wohl so, als würde dies so ziemlich zum Alltag in diesem Dorf gehören. Auch gut. Uns bleibt es auf jeden Fall in Erinnerung. 

Über den Dächern von Monaco

Die nächste, grosse Fahrt steht an, und wir machen uns nach dem Flug direkt auf den Weg in die Berge über Monaco. Bianca fährt, kennt sich null auf der französischen Autobahn aus und verfehlt direkt die Ausfahrt. Es ist bereits dunkel und aus eigentlich neun bleibenden Minuten, bis wir den Platz mit Blick über Monaco erreichen, werden wieder 30+ … Ups… Stimmung am A****… Dafür ist die Aussicht am nächsten Tag atemberaubend. Die Sonne geht über dem Meer auf und die ganze Küste erstrahlt in ihrem warmen Licht. 

Wir fahren hinunter, steigen in den Shuttle ein, fahren fast alles so wieder hinauf, an einem Golfplatz und den zwei Elefanten der Prinzessin von Monaco vorbei (ja, es ist genau so absurd, wie es sich liest), erleben unseren ersten Flug in Roquebrun Cap Martin (?) Die Aussicht ist mit allem, was wir bis jetzt in der Schweiz gesehen haben, nicht zu vergleichen. Vor uns zieht sich das Meer und unter uns eine Villenlandschaft… So viele Pools! Der Landeplatz ist der Strand und wir landen das erste Mal mit Sand unter unseren Füssen (und wie wir feststellen mussten auch in unseren Schirmen). Schnell lernten wir andere Pilot:innen aus Frankreich und in unserem Alter kennen. Sie waren zT hier für einen Sicherheitskurs. Alle übernachteten in ihren Autos oder selbst ausgebauten Minivans auf dem Parkplatz neben dem Bahnhof. Das ist offiziell nicht gestattet und die Polizei fuhr auch gefühlt alle 10 Minuten an uns vorbei – interessiert hat es sie allerdings nicht. Schon schön entspannt hier im Süden 🙂

Erkunden und Kennenlernen

Den Morgen darauf konnten wir tatsächlich mit einem Sprung ins Meer beginnen! Um 8 Uhr früh, mitten im November… damit haben wir eigentlich so früh auf der Reise gar nicht gerechnet. Es war mindestens so schön, wie es kalt war… und gefroren haben wir eigentlich die ganze Zeit im Wasser… Es waren wieder zwei Flüge, es war leicht thermisch und die ganze Zeit über schien die Sonne. Die eingepackte Daunenjacke und die Handschuhe kamen mir so lächerlich vor.

Am Abend wollten wir eigentlich nur kurz irgendwo Brot kaufen und es erschien uns als gute Idee, dies doch in Monaco zu machen. So schnell kommen wir wahrscheinlich sonst nie wieder durch ein ganzes Land hindurch. 

Doof nur, dass wir uns nicht informiert hatten. Der 19. November ist nämlich Staatsfeiertag in Monaco und die Grimaldis müssen dann ganz fest von ihrem Schloss aus winken. Und alle müssen das natürlich auch ganz fest feiern. So fest, dass sogar die Supermärkte, die mit 24h open und 7 days a week in ihren Schaufenstern werben, heute zu haben. Top. Dafür wartet ein unübersehbares Blinken und Lärmen am Hafen auf uns. Es gibt einen Jahrmarkt. Fast wie der Prater, nur halt eben am Meer und winzig, aber mindestens genauso hektisch und nervös. Dieser Kontrast wird uns vermutlich noch eine längere Zeit begleiten…

Das Verlassen des Kontinents wird geplant

Zurück im Büssli planen wir die weitere Reise und stellen uns auf den nächsten Tag ein, an dem wir wieder weiterziehen werden. 

Nach einem letzten Morgenflug also, in welchem Luca wie hypnotisiert direkt unter und fast in den Wolken kreist, brechen wir unser Lager ab und fahren nach Brignoles. Dort verbringen wir mehrere Stunden auf einem Parkplatz vor einem MacDonalds (gratis W-lan) um einfach nur herauszufinden, wie wir an einem Sonntag in Marseille zu einem PCR-Test kommen sollen. Den brauchen wir für die Fähre am Montag. Und er darf nicht älter wie 48h sein. Es ist uns nicht mehr nachvollziehbar, wie viele unterschiedliche Informationen wir erhalten haben, mit wie vielen Apotheken Luca telefoniert hat (inkl. Spital, und dem Fährenabieter) und mühsam und verwirrt alles scheint, wenn an einem Sonntag etwas organisiert werden sollte, für ein Gesetz, welches sich gefühlt täglich ändert… Die einzige Lösung, die wir finden: der Flughafen.

Vagabundierende Schafshirt:innen am Meer

Wir verbringen also den Sonntag damit, an den Flughafen zu fahren. Eigentlich der einzige Ort, an dem wir uns während unserer Reise nicht aufhalten wollten. Aber manchmal gehts nicht so, wie man sich das so vorstellt. Das werden wir vermutlich noch ziemlich oft merken. Vor Ort herrscht relativ geregeltes Chaos. Die Passagiere sind verwirrt, die Angestellten auch, irgendwie ist alles durcheinander und so wirklich gut gelaunt ist auch niemand. Stress liegt in der Luft. Wir sind so froh, dass wir nach einer Stunde wieder weg können. Und noch viel glücklicher, als die beiden negativen Testergebnisse einige Stunden später auf unseren Handys erscheinen.

Wir haben uns nicht vorbereitet und machen beim nächsten park4night Spot den wir finden können Halt. Wir haben ein unglaubliches Glück: er liegt direkt am Meer und neben uns stehen noch andere Camper. Es handelt sich dabei um Schafhirt:innen mit ihren 9 Wachhunden und einer Katze. Sie wohnen zT schon seit 20 Jahren in ihren umgebauten Autos, hüten von Frühling bis Herbst in den Bergen Frankreichs bis zu 1500 Schafe (und verlieren sie manchmal auch) und sind gerade auf dem Weg nach Spanien für den Winter. Sie laden uns ein zu Pizza und Rum und unendlich vielen Geschichten. Wir bringen die Gitarre und die Ukulele, das Hang und sogar das Cajon, jemand hat ein Didgeridoo dabei und der Hippie-Himmel ist komplett. Obwohl es mit dem Untergehen der Sonne fürchterlich kalt wird und auch gewisse Sprachbarrieren vorherrschen, ist es ein Abend wie kein anderer. Die Diskussionen sind so lebhaft, die Musik so real, das Lachen unaufhörlich…

Genau um diese Begegnungen geht es uns auch. Die, die uns etwas Neues zeigen, die, die uns lernen, dass man trotz unterschiedlichen Sichtweisen zu komplexen Themen miteinander zusammensitzen und sich kennenlernen kann. Die, die unseren Blick auf die Welt erweitern.

Jetzt sitzen wir endlich auf der Fähre nach Marokko und haben Zeit, all das Erlebte und Erfahrene der letzten Tage zu verarbeiten, und uns wieder auf Neues einzustellen.

Ein Kommentar

  1. Hey ihr zwei, es ist sooo schön zu lesen wie es euch geht und was ihr schon alles erlebt, wem ihr begegnet seid. Und was für wunderbare Fotos!! Ich freue mich grad von Herzen und alles in mir lacht vor Freude. Gute Überfahrte und viel Spaß weiterhin. Freue mich schon auf die nächsten Erzählungen. Bussi und eine feine Umarmung Birgit

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